Branche diskutiert Rolle der KWK im Energiesystem der Zukunft auf 22. Duisburger KWK-Symposium

Aktuelles, Pressemitteilung

Unter dem Motto „Kraft-Wärme-Kopplung – eine wichtige Säule im Klimaschutz“ hat am 19. Juni 2024 das 22. Duisburger KWK-Symposium des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK) in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen stattgefunden. Hier diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Industrie aktuelle Themen rund um die Kraft-Wärme-Kopplung und ihre Rolle in der Energiewende. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, inwiefern die KWK als wichtiger Baustein im Energiesystem der Zukunft eingesetzt werden kann.

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KWKG & Kraftwerksstrategie

Den Auftakt machte B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl, indem er die aktuelle energiepolitische Lage skizzierte und dabei insbesondere Bezug auf das 2026 auslaufende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) und die Kraftwerksstrategie nahm. Stahl sprach sich für eine schnelle Verlängerung des KWKG und eine nachfolgende Novelle aus.

Neues aus der Wissenschaft

Zukunftsperspektiven der KWK – von flexibel bis modular – beleuchtete Prof. Dr. Christoph Wieland, Lehrstuhl Energieverfahrenstechnik und Energiesysteme der Universität Duisburg-Essen. Dabei kam er sowohl auf Flexibilitätsoptionen in Abhängigkeit von den Preisen auf dem Strommarkt und der Nachfrage auf dem Wärmemarkt durch Verstromung der Abwärme, der Nutzung eines Zusatzbrenners oder auch die Kombination von KWK und Wärmepumpe zu sprechen. Auch brach er eine Lanze für die Integration der Hochtemperaturbrennstoffzelle Hybrid SOFC, da diese diverse Flexibilitätsvorteile beispielsweise bezogen auf die Brennstoffvariabilität, den Einsatz in Teillast und die Herstellung von Wasserstoff durch die Fähigkeit zur Elektrolyse bereithalte und insbesondere in der industriellen Anwendung große Potentiale entfalten könne.

Im Anschluss referierte Prof. Dr. Ingo Weidlich von der HafenCity Universität Hamburg über die Notwendigkeit eines innovativen und modernen Ausbaus für die leitungsgebundene Wärmeversorgung sowie die Unwahrscheinlichkeit der Zielerreichung (z.B. Verdopplung der Fernwärmetrassen bis 2030) durch die derzeitigen restriktiven Regeln und die Knappheit der Ressourcen. Er skizzierte verschiedene Möglichkeiten eines modernen Wärmenetzausbaus, beispielsweise durch Verringerung der Betriebstemperaturen und die Nutzung alternativer Materialien und Baustoffe, und schlägt anschließend den Bogen zu den Themen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.

Podiumsdiskussion zur Zukunft der KWK

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Othmar Verheyen (Universität Duisburg-Essen), war die Frage der Residuallastdeckung im Energiesystem der Zukunft und in dem Zusammenhang die Verlängerung des KWK-Gesetzes zentrales Thema. Franz-Wilhelm Iven, Referatsleiter im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) NRW, betonte die langfristige Wichtigkeit des KWKG für die Wärmewende, die Infrastruktursicherung und die Residuallastdeckung in der Stromversorgung. Iven sagte, er gehe davon aus, dass die KWK eine Renaissance erleben werde. Die dringende Notwendigkeit das KWKG zu verlängern, stellte auch John Miller vom AGFW heraus. Für die Wärmewende, insbesondere den Fernwärmeausbau, brauche es zudem nicht nur die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), sondern auch eine iKWK-Förderung, so Miller. Dr. Michael Arnold von den Stadtwerken Duisburg betonte die Vorteile der KWK als Sektorenkopplungstechnologie. Sektorenkopplung sei fundamental wichtig und sinnvoll, die gesetzlichen Regularien seien darauf allerdings (noch) nicht ausgelegt. Ein weiteres Thema in der Diskussion war die Verfügbarkeit erneuerbarer Brennstoffe, wie Biogas, Biomethan und Wasserstoff. So sei, laut Prof Dr. Raphael Lechner von der OTH Amberg-Weiden, bereits heute deutlich zu spüren, dass die Euphorie bezüglich des Wasserstoffs in der Strom- und Wärmeversorgung abgeflaut sei. Die Fragen der Mengenverfügbarkeit, des Preises und der Fortentwicklung des Wasserstoffnetzes seien nicht geklärt, bedingten sich gegenseitig und sorgten dafür, dass Investitionen nur sehr zögerlich getätigt würden. Prof. Dr. Harry Hoster (Universität Duisburg-Essen) schlug folgende Lösung vor: den Elektrolysebetreibern müsse die Möglichkeit gegeben werden, den Wasserstoff ins Erdgasnetz einzuspeisen, einer Infrastruktur, die schon vorhanden sei. Die Mengen würden zunächst so gering sein, dass dadurch keine Einschränkungen in der Brennstoffverwertung zu erwarten seien. Auf diese Weise sorge man für die nötige Nachfrage, um die Produktion zu steigern und senke die Kosten des Infrastrukturausbaus.

KWK in der Praxis

Am Nachmittag ging es um die große Bandbreite der KWK in der Praxis. Sabine Tiepelmann, Projektleiterin bei den Stadtwerken Duisburg und Daniel Schäfer, Vertriebsingenieur bei Zeppelin Power Systems spielten sich als Auftragsnehmerin und Hersteller die Bälle zu und stellen die neue innovative KWK-Anlage mit Abwasser-Wärmepumpe in Duisburg-Huckingen vor. Anschließend sprach Christoph Zeis, Geschäftsführer der EDG Rheinhessen-Nahe über Sektorenkopplung für Versorgungssicherheit und Systemstabilität am Beispiel der klimaneutralen Energiezelle der Kreisverwaltung Mainz-Bingen. Zeis bemängelte, dass in der öffentlich-politischen Debatte oft nicht klar werde, wie hocheffizient und wirtschaftlich die KWK auch und gerade in der Objekt- und Quartiersversorgung sei. So erreiche die KWK-Anlage, in dem von ihm vorgestellten Projekt, ganzjährig Gesamtwirkungsgrade von 98 Prozent, in Teilen sogar über 100 Prozent bei einem Eigenversorgungsanteil von 80 Prozent. Zusätzlich würden KWK-Systemlösungen für Versorgungssicherheit und Systemstabilität sorgen und das ginge – wie in der Kreisverwaltung Mainz-Bingen – klimaneutral.

Neues Energiesystem abseits fossiler Brennstoffe

Über die Notwendigkeit eines Systemwandels ohne fossile Brennstoffe, sprach Robert Wasser, Geschäftsführer von Energethik, in seinem Vortrag über Speicherkraftwerke. „Wir brauchen ein neues Energiesystem und das erreichen wir durch Disruption“, so Wasser. Dazu sehe er vorerst einen langen Anlaufweg bis zur Erreichung eines Schwellenwerts, gefolgt von Todesspiralen auf Seiten der alten, fossilen Technologie, während es auf der Seite neuer Technologien schnell aufwärts gehe, sowohl in Verbreitung als auch in Leistung. Robert Wasser gab eine optimistische Perspektive auf dieses Szenario, insbesondere da davon auszugehen sei, dass die Entwicklungen von einer zur anderen Technologie immer schneller gehen werden. „Die Märkte verändern sich, die Preise neuer Technologien gehen mit der Zeit in dem Maße runter, wie die produzierte Stückzahl zunimmt“, erklärte Wasser. Ein maßgebliches Puzzleteil im neuen Energiesystem seien Speicherkraftwerke. Je extremer der Markt werde, desto besser funktioniere das Speicherkraftwerk. Immer dann, wenn Wärmepumpen während Dunkelflauten nach Strom riefen, seien die regenerativen Speicherkraftwerke da und lieferten Strom und Wärme. Wenn dies zusätzlich mit nachhaltiger Landwirtschaft kombiniert würde, ergäbe dies ein rundes System.

Netzstabilität mit dezentraler KWK

Stefan Dunke von der Bundesnetzagentur in seinem Vortrag über Netzstabilität mit dezentraler KWK und den erforderlichen Netzausbau. In der sich anschließenden Diskussion mit dem Publikum ging es unter anderem um die Frage, wie sinnvoll der Einsatz von KWK-Anlagen als Peaker sei. Deutlich hervor ging der Standpunkt, dass KWK-Anlagen zur Residuallastdeckung als Sicherheitselement verstanden werden müssten und als Peaker somit sinnvoll eingesetzt seien.

KWK zur Sicherstellung der Stromversorgung

Noch einmal Bezug auf KWKG und die Kraftwerksstrategie nahm zum Schluss Franz-Wilhelm Iven (Referatsleiter Energietechnik, Energiespeicher, Wärmeinfrastruktur, MWIKE NRW). Iven betonte, dass künftig mindestens 80 bis 85 GW gesicherte elektrische Leistung benötigen werden würden. Ein erster Vorstoß des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hierzu sei die Kraftwerksstrategie. Vorerst würden die durch die Kraftwerksstrategie geförderter Großkraftwerke auf Erdgasbasis laufen. Ziel sei es aber, bis 2030 auf 80 Prozent erneuerbare Energien in der Stromversorgung zu kommen und dazu bedürfe es eines neuen, flexiblen, stromgeführten KWK-Fördersystems: „Wir brauchen vor allem regional und im Winter gesicherte Leistung zur Residuallastdeckung Strom und Wärme und aus unserer Sicht ist die KWK da prädestiniert“, erklärte Franz-Wilhelm Iven.

KWK als wichtiger Teil der Lösung im Systemwechsel

Abschließend resümierte B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl: „Das 22. Duisburger KWK-Symposium machte einmal mehr deutlich, dass Kraft-Wärme-Kopplung ein wichtiger Teil der Lösung im Systemwechsel und für den Klimaschutz ist. Sie ist die effizienteste Antwort auf die Frage, woher Strom und Wärme kommen sollen, wenn weder Wind noch Sonne verfügbar sind. Es ist deshalb dringend nötig, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zu verlängern und künftig die durch die Kraftwerksstrategie geförderten Großkraftwerke zur Residuallastdeckung durch dezentralen KWK-Zubau zu flankieren.“

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