Die Zukunft des Biogases in der KWK – Ein Rückblick auf das Forum Speicherkraftwerke
Das Netzwerk Flexibilisierung (FL(EX)PERTEN) präsentierte Ihnen vom 15. bis 18.11.2022 in Kooperation mit dem B.KWK und anderen Verbänden das Forum Speicherkraftwerke auf der Energy Decentral in Hannover. Neben zahlreichen Beispielen aus der Praxis war insbesondere der Veranstaltungsauftakt politisch gefärbt. Ein Bericht vom 15.11.2022.
Der mehrfach ausgezeichnete Biolandwirt und Speicherkraftwerkbetreiber Wolfram Wiggert präsentierte das erste Best-Practice Beispiel dieser Veranstaltung. Unter dem Titel „Das Speicherkraftwerk Löffingen: flexibler BHKW-Betrieb, 100% Nahwärmeverwertung und Biolandbau – wie passt das zusammen“ legte er eindrucksvoll und mit Begeisterung und sichtlichem Stolz dar, wie wunderbar nachhaltige Landwirtschaft und Biogas durch kreative Nutzung von Zwischenfrüchten, Untersaaten, Mahd und Abfällen aus der Tierhaltung zusammen gehen können.
Foto: Sebastian Wehrle, Lieblingskuh der Familie Wiggert und weitere Bilder und Aktuelles vom Haslachhof, Löffingen.
Anschließend trat Dr. Claudia Werner vom NABU ans Mikrofon und leitete Ihren Beitrag zu „Biogas – vom Feindbild zum Vorbild? Leitplanken der Umweltorganisationen bei der nachhaltigen Biogasnutzung“ damit ein, dass nach langen internen Diskussionen und Auswertung diverser Kriterien, der NABU nun offiziell eine neue Position vertritt: „Bioenergie hat ihre Berechtigung.“ Nicht zu vernachlässigen seien die nach wie vor auftretenden Konflikte im Hinblick auf den Natur- und Klimaschutz. Diese treten insbesondere dann auf, wenn Primärholz zur Energiegewinnung herangezogen wird oder Grünlandumbruch und Moortrockenlegung der Rohstoffgewinnung vorausgehen. Frau Dr. Werner gibt einen Leitsatz heraus: „Es muss sich immer daran orientiert werden, was vorher da war.“ Was sie damit meint? – eine Verbesserung der Öko- und Klimabilanz kann bereits im Kleinen geschehen – eine Verschlechterung darf es nicht geben. Um der Klima- und der Artenkrise ebenso wie der Ernährungs- und der Energiekrise gerecht zu werden, benötigt es resiliente und damit dauerhaft leistungsstarke Ökosysteme und den klugen Einsatz der nutzbaren Biomasse: „Eingesetzt in KWK und Wärmenetzen haben Biogas und Biomethan ihren Platz zum Ausgleich der Volatilität der erneuerbaren Energien“, sagt Dr. Werner.
Foto: Rebecca Brenner, Energy Decentral Hannover 2022, Forum Speicherkraftwerke
Die Mitglieder des Ausschusses Energie und Klimaschutz Dr. Julia Verlinden (stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen) und Markus Hümpfer (SPD) wurden zur Diskussion zugeschaltet, bei der insbesondere die Strom- und Gaspreisbremse und ihre konkrete Ausgestaltung in Bezug auf Biogas diskutiert wurde.
Martin Dotzauer vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) sieht erst bei 28,4 ct/kWh einen Weiterbetrieb der Biogasanlagen als stabil gegeben und wirtschaftlich sinnvoll an und stützt dies mit konkreten Daten, die hier zu finden sind DBFZ Diskussionsbeitrag Strompreisdeckel. Bei steigenden Kosten der Biogasanlagenbetreiber und anstehenden Investitionen in das Wachstum der Branche und ihre Flexibilisierung würde die Anwendung der Preisobergrenze auf Biomasse mehrheitlich nicht zur Begrenzung von Sondergewinnen, sondern zur Gefährdung der Wirtschaftlichkeit der Anlagen führen. Zudem würde die Signalwirkung der Preise unterbunden und zusätzlich Knappheit generiert. Auf diese Weise wird der Ausbau der Branche gefährdet und zudem ihre Förderbedürftigkeit über das EEG zementiert. Dr. Verlinden gibt Martin Dotzauer recht: „Bioenergie kann nicht zum Preis von Sonne und Wind produzieren und das ist auch nicht ihre Aufgabe. Flexibilität kostet auch. Zurzeit arbeiten wir an einem Strommarktdesign, das sich stärker an den Erfordernissen und Unterschieden verschiedener Technologien orientiert.“ Sie stellt ein grundlegendes Update mit passender Vergütung der Flexibilität in Aussicht.
Auch Markus Hümpfer betont, dass kein anderer Teil der Energiewende derartig flexibel ist wie mit Biogas betriebene Speicherkraftwerke und gleichzeitig die Dekarbonisierung im Wärmebereich vorantreibt. Wichtig ist dafür, in Anlehnung an das Schwedische Modell, die Verwertung von Abfall und Reststoffen voranzubringen.
Dr. Verlinden betont, dass die Koalition ein großes Interesse daran hat, alle Potenziale für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung zu nutzen. Qualifizierte Vorschläge und Hinweise, insbesondere zu den Bereichen Flexibilisierungsprämie, Biomassestrategie und Biorecycling, werden von den entsprechenden Energiepolitikern gerne aufgenommen.
Zum Abschluss hat Biolandwirt und Speicherkraftwerkbetreiber Wolfram Wiggert noch ein Anliegen. Er betont, dass die Biogasproduktion nachhaltig und flexibel hochgefahren werden könnte sowie sich den örtlichen Gegebenheiten und (saisonalen) Verfügbarkeiten anpassen könnte, WENN „Beinfreiheit“ für die Wahl der genutzten Rohstoffe bestünde.
Was war sonst noch Thema am Eröffnungstag des Forums Speicherkraftwerke?
Martin Laß sprach über das BioEnergie Dorf Gettorf und erläuterte, wie regenerative Speicherkraftwerke Versorgungslücken bedarfsgerecht schließen und dabei regional, nachhaltig und sicher zur lokalen Wertschöpfung beitragen. Als größte Hürde für den Ausbau von Dörfern zu Energiedörfern mit sinnvollen Quartierskonzepten identifizierte er die Anforderungen an die ausführenden Kommunen. Seiner Einschätzung nach bedarf es konkreter Hilfe bzgl. der Planung, in Bezug auf Genehmigungsprozesse, Förderrichtlinien und Ähnliches von der Bundes- oder Landesebene für die Kommunen sowie verstärkte Aufklärung vor Ort über die verschiedenen Möglichkeiten.
Dr. Ines Wilkens beschäftigt sich seit Jahren mit Energiekonzepten für Dörfer und Kommunen. Unter www.energiewendedörfer.de finden Sie viele hilfreiche Informationen und Beispiele.