Zum 12. Mal fand am 29. November 2023 die Internationale Anwenderkonferenz Biomassevergasung des B.KWK in Innsbruck statt. Mit Blick auf den Weltmarkt und Fokus auf die DACH-Länder diskutierten Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Industrie über aktuelle Herausforderungen und Chancen der Branche im energiepolitischen Kontext. Inwiefern Biomasse klimaschonend zur Deckung der Residuallast, also wenn weder Wind- noch Solarenergie verfügbar ist, beitragen kann, war eines der zentralen Themen.
Den Auftakt der Veranstaltung machte Hans-Christian Kirchmeier vom Dachverband Erneuerbare Energie Österreich sowie der IG Holzkraft. In seiner Keynote betonte er die großen technologischen Fortschritte, die die Branche in den letzten Jahren gemacht habe: „Wir beobachten, dass Biomasse und insbesondere Holzgas immer mehr an Bedeutung gewinnen, da die Technologien dahinter immer besser werden. Die eingesetzten Rohstoffe werden bei der Biomassevergasung deutlich effizienter genutzt, als bei anderen Technologien der Holzverbrennung zur Strom- und Wärmeerzeugung. Das ist besonders deshalb wichtig, da wir in Zukunft jede Kilowattstunde Strom und Wärme brauchen werden.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen Claus Heinrich-Stahl (B.KWK), Prof. Angela Hofmann (MCI), Jitka Hrbek (BOKU Wien), Dr. Tim Pettenkofer (FVH) und Christoph Mizelli (NAWARO Energie) über die Zukunft der Biomassevergasung: Für die Dekarbonisierung der Wärme sehe man, so waren sich die Diskutanten einig, dezentrale Energiehöfe als einen wichtigen Teil der Lösung. „Wir brauchen den gesamten Strauß an verfügbaren Technologien“, so Claus-Heinrich Stahl und erklärte weiter: „Damit die Energiewende gelingt, benötigen wir dezentrale, flexible Erzeugungsanlagen, die dort Strom und Wärme herstellen, wo sie gebraucht werden. Wir müssen volatile Energien nutzen, wann immer sie verfügbar sind. Aber wenn sie es nicht sind, weil die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, lautet die Antwort Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Stellt man sich die fluktuierende Wind- und Sonnenenergie als den Rumpf einer modernen Energieversorgung vor, so ist Kraft-Wärme-Kopplung ihr Rückgrat, das Strom- und Wärme jederzeit steuerbar stabilisierend liefern kann. Betrieben mit heimischem Biogas, Biomethan oder auch Wasserstoff ist KWK eine klimaschonende Ergänzung zu Wind und Sonne. Holzgas-KWK-Anlagen können alle anfallenden Abfall- und Reststoffe der Holzverarbeitung sowie Landschafts- und Kommunalpflege hochflexibel energetisch für die Strom- und Wärmeerzeugung nutzen. Zusätzlich sind viele Holzvergaser in der Lage neben Strom, Wärme und Kälte holzartige Rest- und Abfallstoffe in Verbindung mit Ad- und Absorptionsanlagen zu Pflanzenkohle umzuwandeln, die anschließend als Pflanzendünger, Betonzusatz und im Straßenbau oder für Aktivkohlefilter verwendet werden kann.“
Dass Holzvergasung nicht nur emissionsarm, sondern sogar klimapositiv sein kann, zeigte der Anlagen-Hersteller SynCraft in seinem Beitrag über Rückwärtskraftwerke. Ausgestattet mit einer patentierten Schwebefestbett-Technologie erzeugen sie Wärme, Strom und Pflanzenkohle aus Reststoffen aus der Forstwirtschaft. Wenn Bäume sterben, wird 99,9 Prozent des ursprünglich im Baum gespeicherten CO2 bei der Verrottung wieder freigesetzt. Rückwärtskraftwerke setzen hingegen nur 70 Prozent dieses CO2 für die Energiegewinnung wieder frei. 30 Prozent werden der Atmosphäre entzogen und als wertvoller, grüner Kohlenstoff gespeichert.
Ein weiterer innovativer Aspekt, der auf der Konferenz beleuchtet wurde, war die Herstellung von Wasserstoff durch Biomassevergasung. In vielen Ländern, wie Schweden, den Niederlanden, USA, Kanada und China sind derzeit bereits Pilotanlagen im Einsatz, die aus Restmüll oder Holzabfällen Wasserstoff erzeugen. Dr. Jitka Hrbek (Universität für Bodenkultur Wien) erklärte in ihrem Vortrag, dass die Zukunft der Biomassevergasung in der Abfallvergasung zur Herstellung von orangenem Wasserstoff liege. Es gebe hier aber aktuell noch Herausforderungen durch Verunreinigungen, weshalb mit Hochdruck an speziellen Technologien für saubere Prozesse geforscht werde.
Ein großes Thema waren auch die Anwendungsfelder von Biokohle, die als Nebenprodukt bei der Holzvergasung entsteht und CO2 bindet. So lässt sich aus Vergaserkohle hochwertige Aktivkohle generieren, die beispielsweise zur Abwasserreinigung eingesetzt werden kann. Weitere Einsatzgebiete von Aktivkohle sind Kosmetika, Pharma-Produkte, Batterien oder Bodenpflanzen. Viele Städte setzen Biokohle, die als sehr ergiebiger Wasserspeicher dient, bereits ein, um urbane Grünoasen zu versorgen. Dieses Anwendungsgebiet ist recht neu und bietet viel Potenzial, da es in den Sommermonaten zunehmend schwieriger wird, Bäume in Städten vor dem Austrocknen zu schützen.
Abschließend resümierte B.KWK-Präsident Claus-Heinrich Stahl: „Die 12. Anwenderkonferenz Biomassevergasung machte einmal mehr deutlich, dass die Branche sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Industriezweig entwickelt hat. Holzgas und Biomasse bieten hervorragende Möglichkeiten, ökologisches Wirtschaften mit Klimaschutz und der Stärkung der Industrie zu kombinieren. Leider herrscht immer noch viel Unwissenheit über die enormen Potenziale, die hier schlummern. Holz ist eine sichere und verfügbare Ressource, ihm haftet jedoch das Image einer schmutzigen Energiequelle an. Dabei werden heutzutage für die Herstellung von Biogas aus Holz vor allem Reststoffe verwendet. Bei einem Kubikmeter Nutzholz, fallen zwei Kubikmeter Restholz an. Holz ist ein Energiespeicher, der kurzfristig seine volle Energiekraft über die Holzvergasung freisetzen kann. Zudem ist die Holzvergasung technologisch heute so weit, dass sie als emissionsarm, mitunter sogar klimapositiv, bezeichnet werden kann. Auch an Motivation und Innovationskraft mangelt es der Branche nicht. Was aber länderübergreifend fehlt, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, damit die Biomasse ihren Platz in der Energiewende einnehmen kann.“
PS: Interessierte Leser können sich hier die Vorträge des Kongresses herunterladen.