Wie der Ausbau des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) die Kraftwerksstrategie ergänzen könnte

Aktuelles, Politik

Urteil des EuGH: KWKG ist keine Beihilfe

Nachdem Deutschland 2021 gegen die Einstufung der EU Kommission der Fördermaßnahmen des KWKG als staatliche Beihilfen geklagt hatte, verkündete der Europäische Gerichtshof am 24. Januar das von der KWK-Branche lange ersehnte Urteil zur beihilferechtlichen Relevanz der KWKG-Förderung. Die deutsche Förderung von hocheffizienten KWK-Anlagen über das umlagefinanzierte Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) fällt nicht unter das Beihilferecht der Europäischen Union und ist damit nicht von ihrer Zustimmung anhängig. Mit dem Urteil hat der Rechtsstreit einen sehr positiven Ausgang für die Energiebranche genommen. Das BMWK kann sich nicht mehr hinter dem Argument verstecken, dass eine höhere Anpassung der Förderung aufgrund der beihilferechtlichen Vorbehalte aus Brüssel nicht möglich sei.

Die Bundesregierung hat die Eckpunkte der Kraftwerksstrategie bekanntgegeben

Am 5. Februar gab zudem die Bundesregierung die Eckpunkte der lange erwarteten Kraftwerksstrategie bekannt. Geplant sind nun Investitionen in wasserstofffähige Back-Up-Kraftwerke in Höhe von 16 Mrd. Euro in den nächsten 20 Jahren. Zudem soll ab 2028 ein Kapazitätsmechanismus greifen. Anders als noch im Entwurf der Kraftwerksstrategie von 2023, werden weder Biomasseanlagen noch KWK-Anlagen erwähnt, auch hat sich das ursprünglich angesetzte Investitionsvolumen von 60 Mrd. Euro deutlich verringert und die auszuschreibende Kraftwerksleistung wurde von 30 auf 10 Gigawatt (GW) herabgesetzt.

Kraft-Wärme-Kopplung zur Residuallastdeckung Strom und Wärme

Der B.KWK sieht in dieser Entwicklung ein vorsichtiges Zeichen der Politik in Richtung Novelle und Verlängerung des 2026 auslaufenden KWKG zur Deckung von Residuallasten in Dunkelflauten ergänzend zu den Großkraftwerken der Kraftwerksstrategie. Bundesminister Habeck ließ auf dem AGFW Infotag am 1. Februar durchblicken, dass eine zügige Novellierung des KWKG bereits auf der Agenda stehe und noch vor der Sommerpause Form annehmen könnte. Von Vorteil für den angespannten Bundeshaushalt wäre dabei auch die haushaltsunabhängige Finanzierung von KWK-Anlagen, Wärmenetzen und Speichern über das umlagefinanzierte KWKG. 

Durch den Ausbau des KWKG könnten in Laufzeit und Brennstoffeinsatz flexible dezentrale KWK-Kraftwerke netzdienlich Strom erzeugen und die Kosten für den Netzausbau und die benötigte Absicherung in der Strom- aber auch in der Wärmeversorgung senken. Im Gegensatz zu ungekoppelten Gasturbinen mit Wirkungsgraden von ca. 40 Prozent, nutzen KWK-Anlagen den eingesetzten Brennstoff bis zu 90 Prozent aus. Dieser Effizienzvorteil ist insbesondere vor dem Hintergrund der Knappheit und der Kosten erneuerbarer Brennstoffe von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Nach einer Erhebung des B.KWK ist ein Zubau von 6 GW KWK-Erzeugungsleistung pro Jahr ohne weiteres möglich. Dieser Zubau dezentraler Kraftwerkskapazitäten kann außerdem den dringend benötigten Rollout von Wärmepumpen und Elektromobilität beschleunigen. Die Residualnachfrage fällt überwiegend (75 Prozent) auf die Zeit zwischen Oktober und April – also in die Heizperiode. Die parallel zur Stromerzeugung produzierte Wärme aus KWK-Anlagen kann über Wärmenetze an Haushalte, Gewerbe und Industrie verteilt verteilt oder zwischengespeichert werden.

Eine Flexibilisierung vorhandener Biogasanlagen könnte weitere Bedarfe gerade auf dem Land decken. Die nötigen Hebel dazu verstecken sich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und der sogenannten „Flexprämie“ für Biogasanlagen.

Was nun zu tun wäre - Novelle des KWKG

Die Bundesregierung hat verstanden, dass Back-Up-Kapazitäten zur Absicherung von Dunkelflauten nicht bestmöglich durch den Bau teurer zentraler Großkraftwerke mit langen Realisierungszeiten entstehen. So wie erneuerbare Energien dezentral aufgestellt sind, sollte auch die Absicherung dieser primär dezentral erfolgen. Der B.KWK begrüßt zudem, dass „Effizienz“ und „Technologieoffenheit“ in der Kraftwerksstrategie wiederkehrende Begriffe sind und will und kann mit der Hocheffizienztechnologie Kraft-Wärme-Kopplung – durch ein entsprechend novelliertes KWKG mit einer Investitionsförderung für KWK-Peaker – einen Bärenanteil zur Energiesicherheit beitragen. Die wertvollen erneuerbaren Brennstoffe wie Biomethan und Wasserstoff dürfen aus Effizienzgründen nur in Anlagen genutzt werden, die neben Strom auch Wärme nutzen. In Kombination mit Power-to-X-Anlagen, Speichern sowie Elektrolyseuren zur Produktion von grünem Wasserstoff kann die Stromproduktion weitgehend von der Wärmeproduktion zeitlich entkoppelt werden.

Eine schnelle Anpassung des KWKG zur Flankierung der Kraftwerksstrategie wäre nun eine Chance, die die Politik nicht verstreichen lassen sollte. Die Novelle des KWKG und auch die Details der Kraftwerksstrategie sollten dabei in enger Zusammenarbeit zwischen dem BMWK, den betroffenen Branchenverbänden und der BNetzA gestaltet werden.

Folgende Empfehlungen für eine bestmögliche Ausgestaltung der Residualversorgung und Erreichung des Klimaneutralitätsziels 2045 haben wir zusammengestellt:

  • Neuausrichtung und Verlängerung des KWKG bis mindestens 2035 mit höheren jährlichen Zubauzielen und Fokussierung auf klimaneutrale Brennstoffe zur Residuallastdeckung Strom und Wärme
  • Streichung aller beihilferechtlicher Aspekte und Vorbehalte u. a. in § 35 Absatz 19 KWKG
  • Investitionssicherheit und Planbarkeit durch langfristige Rahmenbedingungen
  • Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt und vereinfacht werden
  • Netzentwicklungspläne mit der kommunalen Wärmeplanung und der Industrie abstimmen
  • Hebung der Potentiale für Biogase
  • Wasserstoffhochlauf
  • Strom- und Wärmespeicherstrategie
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen für weitere Flexibilisierung von Biogas
  • Investitionsförderung für stromseitig geführte netzdienliche KWK-Anlagen:
    • für insgesamt 10.000 h Gesamtlaufzeit entsprechend der heutigen Fördersumme von 30.000 h je nach Anlagengröße, ausgezahlt als
      • 70 % Investitionsförderung verteilt auf 5 Jahre bei einer Mindestlaufzeit von 500 Vollbenutzungsstunden pro Jahr (VBh/a)
      • 30 % Mengenförderung für weitere 1000 VBh/a entsprechend der oben genannten angepassten Gesamtfördersumme

Durch die Begrenzung der jährlich geförderten Betriebsstunden, u. a. für neue oder modernisierte KWK-Anlagen, wird gewährleistet, dass die Anlagen in dem zuvor benannten Zeitraum betrieben werden. KWK ist „Efficiency First“ bei der Nutzung von klimaneutralen Brennstoffen (Wasserstoff, Bioenergie). Der Einsatz der KWK senkt damit nicht nur den Gesamtbedarf von klimaneutralen Brennstoffen, sondern wirkt sich auch mindernd – und damit optimierend – auf die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten der Energiewende aus.

Zum Artikel als PDF

Melden Sie sich zu unserem Newsletter an

Melden Sie sich zu unserem Newsletter an

Bleiben Sie immer auf den Laufenden

Ihre Anmeldung war erfolgreich